Historischer Weg:
8. Von Sao Luis nach Cercal do Alentejo
Heute ist der Tag nicht ganz so lang wie gestern, es sind "nur" 20 Kilometer zu gehen für mich.
Kaum bin ich unterwegs, begegne ich auf der Dorfstraße einer Frau, die ganz selbstverständlich einen Papagei auf ihrer Schulter sitzen hat. Nein, das war kein Plüschtier, der war tatsächlich echt und lebendig!
Danach geht es erstmal bergauf, und ich merke, dass mir der gestrige Tag noch in den Knochen steckt. Außerdem wird es heute noch heißer, und die Eukalyptusbäume bieten nur spärlichen Schatten. Immerhin habe ich immer wieder weite Ausblicke bis zur Küste.
Aber selbst bergab kann ich mich kaum erholen, denn ich laufe auf grobem Schotter und merke an meinen Fußsohlen jeden einzelnen Stein, der sich durch das abgelaufene Profil meiner Schuhe drückt. Nach über 700 Kilometern habe ich das Gefühl, in Barfußschuhen zu gehen, und ich eiere ganz schön herum, um den spitzesten Steinen auszuweichen. Immerhin habe ich es noch besser als der arme Mensch, der hier seine gesamte Schuhsohle mitten auf dem Weg zurück gelassen hat!
Zur Mittagszeit befinde ich mich in einer breiten Schneise, die wahrscheinlich angelegt wurde, um bei einem Waldbrand die Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Für mich bedeutet dies, dass ich Schwierigkeiten habe, ein schattiges Plätzchen für meine Pause zu finden.
Wenige hundert Meter später treffe ich zwei deutsche Frauen, die riesige Rucksäcke schleppen und sich darüber beklagen, dass der Trail so schlecht ausgeschildert sei. Ich kann weder das eine noch das andere nachvollziehen, sage jedoch nichts dazu, sondern schwärme ihnen von der schönen Landschaft vor, die in den nächsten Tagen auf sie wartet.
Auch für mich führt der Weg heute noch in ein bewaldetes Tal, das so aussieht, als wäre es vor wenigen Tagen noch völlig überschwemmt gewesen. Ich kann den übrig gebliebenen Matschlöchern gut ausweichen und beginne den letzten heftigen Anstieg für heute.
Es geht steil bergauf, und das am Südhang in der prallen Sonne. Ich mache im Schatten eines Baumes Pause und trinke ziemlich viel von meinem restlichen Wasser, als mich ein Mountainbiker in Zeitlupe überholt. Er hat keinen Motor an seinem Fahrrad und schwitzt sogar noch mehr als ich.
Bald erreiche ich den höchsten Punkt und werde plötzlich von zwei furchteinflößenden bellenden Hunden bedroht, die nur durch ein paar Büsche vom Weg getrennt sind. Sie springen glücklicherweise nicht zu mir hinüber, und ich erreiche nach ein bisschen Asphaltlatscherei meinen Zielort Cercal do Alentejo.
Die Menschen auf der Straße sind alle überraschend herausgeputzt und ich habe den Eindruck, sie mustern mich von oben bis unten, so staubig und verschwitzt wie ich bin.
In meiner Unterkunft muss ich nur noch zweimal telefonieren, erstens um den Zugangscode für mein Zimmer zu bekommen, und zweitens um ein ruhigeres Zimmer zu bekommen, das nicht direkt neben dem Eingang liegt, und schon kurze Zeit später trinke ich Wasser, so viel ich will, und wasche mir und meinen Klamotten den Staub des Tages ab.