AT: Von Pawling nach Fort Montgomery
Appalachian Trail
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Jetzt geht es also in den 2.Teil unseres Sabbatjahres. Nach den ersten 4 Wochen auf dem Fahrrad, sollte es nun mit Stöcken, Stiefeln und Rucksack auf den Appalachian Trail gehen. In den letzten Jahren hatten wir ja immer mal wieder große und kleine Abschnitte gemacht und nun fehlten uns noch 1156 km, von Pawling, New York, nach Daleville, Virginia. Das Mittelstück quasi von dem über 3000 km langen Trail im Osten der USA.

Um 15 Uhr starteten wir zu Fuß bei bestem Wetter zum Bahnhof Duisdorf und stiegen dann in Bonn in den IC nach Frankfurt. Dienstags Nachmittags zu reisen war ziemlich entspannt. Es gab genug Platz, die wenigen Kinder haben sich tatsächlich leise mit sich selbst beschäftigt und die Erwachsenen waren auch vorwiegend mit ihren elektronischen Geräten "zugange". Der Zug wurde außerplanmäßig auf die andere Rheinseite umgeleitet, weil es Probleme an den Weichen gab, aber mit einer kleinen Verspätung kamen wir in Frankfurt an. So ein Flughafen ist ja extrem wuselig und wir Halb-Erholten konnten mit dem ganzen Trubel gar nicht so gut umgehen. Auf den Shuttlebus zum Hotel mussten wir dann doch noch etwas warten, aber bald schon waren wir im Flughafen-Hotel, in dem wir vor ein paar Jahren schon mal übernachtet hatten. Damals stand das Hotel fast allein auf einer Wiese, inzwischen sind drum herum einige Neubauten und Straßen entstanden. Überhaupt scheint das ganze Gelände eine riesige Baustelle zu sein, darüber die Flugzeuge. Das sah alles irgendwie aus wie in einer Filmkulisse. Die Geräuschkulisse war heftig und die Aufregung groß, so dass wir nur unruhig schliefen. Wir checkten am nächsten Morgen ein, tranken einen Kaffee und beobachteten das Treiben um uns herum, nachdem wir uns kurzzeitig über die unverschämten Preise eines Capuccinos aufgeregt hatten. Früher waren wir beide fasziniert von der Flughafenatmosphäre, die irgendwie den Charme von Abenteuerlust und fremden Welten versprühte.... Heute sind wir aufgrund der Menschenmassen, der Konsumwelt, die uns hier begegnet, eher angestrengt. Um so mehr freuten wir uns auf den Trail. Aber nun gut, irgendwie mussten wir da ja hinkommen und Schwimmen war einfach keine Alternative für uns.

Wir versuchten also die Zeit im Flieger mit guten Büchern (danke Angela!), interessanten Filmen und dem AT Guidebook zu füllen. Neben mir saß ein Typ, der sich mit 4 oder 5 Filmen und der gleichen Anzahl an Bechern Wein betäubte und den Flug völlig stoisch ertrug. Er hatte sich in den über 8 Stunden kaum bewegt und war noch nicht mal auf dem Klo... Vielleicht wäre das eine Taktik, die ich auch mal probieren sollte, denn bei mir machten sich irgendwann totale Bauchschmerzen breit, weil sich durch das Sitzen irgendwie alles staute, was sonst locker und flockig in Bewegung war. Diesmal wars besonders schlimm, denn ich wäre vor der Immigration fast kollabiert. Aber irgendwie beruhigte sich nach dem Interview alles wieder bei mir und wir konnten mit der Bahn zum Parking fahren, wo die Autovermietung uns einen Honda gab, der allerdings nicht unkommentiert von der Budget Frau blieb. Nein, wir wollten kein größeres Auto, auch wenn wir groß und lang sind... Mit viel Stau, Bezahlstationen und Feierabendverkehr kamen wir um 18.15 Uhr (Ortszeit) in Bethel an. Der Körper sagte uns aber ganz eindeutig, dass es in Deutschland schon nach 24 Uhr war. Einziger Trost, herrlichstes Sommerwetter und tolles Licht auf dem Weg nach Bethel. Am nächsten Tag waren wir früh wach, denn mit dem langen Tag am Flugtag, haben wir nur bis 21 Uhr durchgehalten. Wir saßen also schon gegen 8.30 Uhr am Frühstückstisch und genossen mit Plastikgeschirr Pancakes, Bagels und Oatmeal. Das ist schon alles sehr ungewohnt, obwohl wir das ja auch schon erlebt haben, aber wenn wir dann vor diesen "kulinarischen Köstlichkeiten" sitzen, mit einem riesigen Haufen Plastikmüll, indem alles verpackt war, sind wir dann doch wieder irritiert. Diese Müllberge produzierten wir leider weiter, als wir nämlich all unser Wanderessen sicher verststaut hatten, versank das Zimmer im Chaos, nun ja... Abends trafen wir dann noch unsere Freundin Ruth zum Essen und tauschten viele Trailinformationen aus.

Dann ging es am nächsten Tag endlich los. Wir waren morgens total nervös und konnten uns gar nicht so recht freuen. Ich hatte plötzlich riesige Bedenken, das alles nicht schaffen zu können und auch 2Tall war mit seinem selbstgenähten Rucksack nicht zufrieden und versuchte morgens noch, Schnallen und kleine Taschen zu optimieren. Insgesamt hatte wohl jeder seine Bedenken und Sorgen, dazu kam der Jetlag... Wir fühlten uns einfach nicht so wohl. Aber erstmal waren auch noch ein paar Sachen zu tun. Auschecken, das Mietauto wegbringen und überhaupt zum AT kommen. Netterweise hatte Ruth angeboten, uns zu fahren. Leider dauerte aber alles doch länger als gedacht und so kamen wir erst um 10.45 Uhr los. Der Weg war toll und wir kamen in einen ganz guten Rhythmus. Die Rucksäcke waren allerdings mit Essen für die nächsten 4 Tage entsetzlich schwer und wir merkten es doch recht schnell, dass unsere Schultern überhaupt nicht mehr an dieses schwere Gepäck gewöhnt waren. Am ersten Shelter mussten wir schon Wasser auffüllen, was gar nicht so einfach war, denn es war kein üppiger Fluss, sondern nur ein kleines Rinnsal. In den kleinen Pools zwischen den Steinen quakten und sprangen die Frösche herum, was ganz hübsch anzusehen war, aber sich auch irgendwie komisch anfühlte, das Wasser nach der chemischen Behandlung mit den Tropfen dann zu trinken. Irgendwann kam uns ein Tageswanderer entgegen, mit dem wir ein Schwätzchen hielten, natürlich auch ein AT-Liebhaber (The trail gets in your blood), der uns Glück wünschte und der uns später mit seinem Trailnamen "Elvis Trailsley" auch nochmal begegnete, als er die Hiker mit einem Schild warnte, einen bestimmten Fluss wegen der Landwirtschaft nicht als Wasserquelle zu benutzen. Wir kamen am idyllischen Nuclear Lake vorbei, wo wir Schildkröten sahen, außerdem begeneten wir Hirschen und natürlich vielen kleinen Hörnchen. Um 18.25 Uhr erreichten wir nach 11 Meilen endlich das Morgan Stewart Shelter.

Uff, für den ersten Tag hatten wir uns ziemlich was vorgenommen. Wir waren entsprechen ko, aber auch ganz schön stolz, dass wir das geschafft hatten. Nach uns kamen noch zwei Thruhiker, einer aus dem Süden und einer aus dem Norden, so dass wir nicht ganz allein am ersten Abend waren. Nicht, dass wir viel mit den beiden gesprochen hätten, aber die Nacht dort nicht ganz allein zu verbringen, war beruhigend. Das Shelter und die Zeltplätze waren ganz idyllisch und wir waren froh über die Wasserpumpe, die auch einigermaßen klares Wasser ausspuckte.

Die unruhige Nacht war irgendwie früh zu Ende, ich hatte heftiges Bauchrumoren und konnte dann irgendwann einfach nicht mehr liegen. Bis wir gefrühstückt hatten und uns wieder sortierten, war es dann doch schon 9.15 Uhr. Wir wollten es ruhig angehen lassen, denn wir dachten, dass wir ja viel Zeit hätten. Aber wir waren eben einfach noch nicht so flott unterwegs, brauchten viele Pausen und wollten das Ganze ja auch irgendwie genießen. Leider hörten wir immer wieder Autolärm, was bei den schönen Wegen sehr schade war. Mittags gingen wir etwas vom Wanderweg ab, um zu einem Deli zu kommen. Dort gab es Käsebrötchen und Kaffee, was wir sehr genossen. Ruth nannte diesen Teil des Trails übrigens einen "Deli-Hike", weil man des öfteren an diesen kleinen Lädchen vorbei kommt, um sich zu stärken. Am nächsten Shelter machten wir nochmal einen Wasserstop und redeten ein bißchen mit zwei anderen Wanderern, dann ging es allerdings noch den Berg bis zum nächsten Zeltplatz hoch. Als wir dort ankamen, waren wir positiv überrascht, denn es gab ein Plumpsklo (Privy), eine Wasserpumpe und einen sehr ebenen Grasplatz und sogar mit einem Dach geschützte Picknicktische. Sehr komfortabel. Eine andere Wanderin war schon vor Ort und so genossen wir den sehr ruhigen Abend an einem sehr kleinen Lagerfeuerchen. Der nächste Morgen war wieder sehr sonnig und so ließen wir uns Zeit, um zu frühstücken und die Klamotten ein wenig in der Sonne zu trocknen, weil sie vom Morgentau leicht angefeuchtet waren. Leider hatte ich mich im Flugzeug oder im klimatisierten Hotelzimmer erkältet und so musste ich mit Halsschmerzen und Schniefnase losziehen. Wir entschieden uns für einen kurzen Tag, wanderten bis zum Canopus See, aßen dort einen Veggie-Burger und hofften auf den Campingplatz in der Nähe, der uns warme Duschen bot. Es gab drei Plätze, die für die AT-Hiker waren (sogar kostenlos), die aber leider in der Nähe der Straße waren und dadurch unsäglich laut. Das war nun nicht unbedingt ein Plätzchen zum Erholen... Den Verkehrslärm hörten wir übrigens häufig auf diesem Teil, schade, denn die Wege waren mal wieder toll. 2Tall lief also los, um eine andere Campsite zu organisieren und musste dafür quer über das gesamte Gelände latschen. Schlussendlich bekamen wir einen ruhigen Platz, der aber durch die "Vormieter" total vermüllt war. Das war schon etwas enttäuschend, aber nicht zu ändern. Wir duschten, versuchten uns etwas zu erholen und gingen früh schlafen, um am nächsten Tag die 13 Meilen gut zu schaffen.

Wir starteten um 7.30 Uhr und nahmen vom Zeltplatz eine kleine Abkürzung zum AT. Das Wetter war wieder traumhaft und wir waren zuversichtlich, den langen Tag zum Spiritual Life Center zu machen. Wir sahen Hörnchen, Hirsche und andere Hiker. Etwas Stress gab es dann aber doch, als die erhoffte Wasserpumpe auf einem Parkplatz nicht funktionierte und wir auch am Bach danach kein Wasser bekamen. Leider standen auch keine Wasserbehälter am Straßenrand, wie uns im Forum berichtet wurde. Wir mussten trotzdem ja irgendwie weiter und hofften bald, die Wasserflaschen wieder füllen zu können. Zum Glück kam irgendwann doch noch was und wir konnten etwas entspannter weiter gehen. Die letzten Meilen zogen sich dann aber doch wieder sehr hin, bis wir auf dem Gelände der Franziskaner waren. Auf dem großen Sportplatz standen einige Picknicktische, es gab Wasser und sogar eine kalte Dusche. Das war ein feines Plätzchen und wir waren froh, als wir dort ankamen. Es trudelten noch einige Wanderer ein, sogar einer mit Hund, mit dem wir auch etwas sprachen. Der Hund war total ko und während wir uns unterhielten, schlief er stumpf auf den Füßen seines Herrchens ein. Irgendwie waren alle auf dem Platz sehr müde und spätestens um 21 Uhr waren nur noch die Glocken vom Kirchturm zu hören.

Nach einer ruhigen Nacht, ohne Autolärm, wanderten wir an diesem Tag 7 Meilen bis zur Hudson Brücke. Die Brücke war beeindruckend und beim letzten Trail- bzw. USA-Besuch sind wir über diese Brücke mit dem Auto gefahren, deswegen war es als Wanderer um so eindrucksvoller. Im Ort Fort Montgomery hatten wir uns ein Zimmer in einem Motel von einer Deutschen und einem Engländer reserviert. Er holte uns mit seinem alten Volvo von der Brücke ab, denn der Ort war noch ein paar Meilen vom Hudson weg. Leider gibt es vor Ort nur eine Tankstelle, wo wir für die nächsten zwei Tage einkaufen können, aber immerhin hat die Besitzerin unsere verschwitzte Wäsche gewaschen. Fazit des ersten Abschnitts: es ist toll, wieder hier zu sein; spannend, wieder so viele Hiker zu treffen und mit ihnen zu reden, auch über Trump... Wir sind gespannt auf die nächsten 2 Tage mit Bear Mountain, einem Zoo und einem Shelter, wo ein Bär sein Unwesen treiben soll. Na dann. Happy trails!

(Good Grip, 29.8.2017)

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