Langsam Ahnung

Ich ahne ganz langsam, wie es mir gut geht.
Ich beginne, mein Leben zu sehen.
Ich bin unterwegs, und ich weiß was mir hilft:
mein Gefühl, meine Übung, mein Mut.

Ich wende mich hier an mich selbst.
Ich mahne mich, langsam und einfach zu sein.
Ich finde in mir, was notwendig ist, um mich selbst zu erreichen.
Ich will mich erinnern. Ich gebe mir Zeit.

Ich kann einen Gedanken auf einmal fassen,
und ich freue mich, wenn er ganz klar wird.
Ich will achtsam sein, was ich schreibe und lese.
Ich suche mir Ruhe. Ich gönne mir Schlaf.

Ich träume und kämpfe in meinen Nächten,
Ich fliehe vor vielen Verfolgern.
Ich weiß, dass auf mich schwarze Hunde lauern,
ich heule mit ihnen, dann lausche ich lange.

Ich kann mich auf einmal an alles erinnern,
im Traum, ich träume, ich trete, ich schreie,
ich stürze, ich schlage hart mit dem Kopf auf,
ich krampfe die Arme vor das Gesicht.

Ich will wach werden und mich erkennen,
und nur da sein und atmen und nichts sonst.
Ich will lernen, Gewohnheiten noch zu verlernen.
Ich heiße auch Launen und Wut willkommen.

Ich versuche mir selbst zu verzeihen.
Ich kenne das Unrecht von beiden Seiten.
Ich erkläre mir mein Handeln selbst,
ich will nicht mehr allen gefallen.

Ich gehe mit leichtem Gepäck los.
Ich wandere jahrelang weit durch die Welt.
Ich hole mir Nahrung, wo ich welche finde.
Ich fühle mich vielen Fremden verbunden.

Ich erstrebe keine Leistung oder irgendeinen Sieg.
Ich übe wie alle anderen Menschen,
und ich leide, wie alle leiden.
Ich vertraue auf Mitgefühl und Fantasie.

Ich freue mich, wenn ich mich freue.
Wenn ich traurig bin, weine ich auch.
Wenn ich jemanden brauche, bin ich für mich da.
Ich weiß, dass sich alles andere ändert.

Ich spreche den Ängsten Mut zu.
Ich höre auf mich und bin still.
Ich schließe die Augen und sehe mich selbst:
Ich bin hier, mein Freund, ich bin ich.

(2Tall, Neuseeland 5.3.2018 - Deutschland 31.10.2020)