AT: Vom Rock 'n Sole Hostel nach Duncannon
Appalachian Trail
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Wir entschieden uns, nach drei Tagen Ruhe mal wieder loszuziehen. Mit dem Hostel hatten wir großes Glück, denn es gibt ganz andere Orte am Trail, wo man stranden kann und dann evtl. noch depressiv wird. So genossen wir noch ein tolles Frühstück mit frischem Obst und French Toast bevor es wieder losging. Meine dezent vegane Lebensweise musste ich hier in den USA leider ziemlich über den Haufen werfen, das Essen im Hostel war lecker, aber es bestand fast immer aus Ei, Fett oder Zucker. Immerhin gab es neben der Fleischvariante noch etwas Vegetarisches.

Wir gingen bei bestem Wetter los und kamen bis zur ersten Campsite sehr gut voran. Dort tunkte 2Tall erstmal seine Füße in den Bach, was den Füßen sehr gut tat. Danach wurde es leider wieder super felsig und wir fluchten und balancierten so vor uns hin, auch wenn wir an mehreren tollen Aussichtspunkten vorbei kamen, wollte die Anfangsmotivation sich nicht so recht wieder einstellen. Wir blieben nach neun Meilen also am 501 Shelter und wollten den Nachmittag noch zum Füße kühlen und regenerieren nutzen. Das Shelter war deswegen besonders, weil es tatsächlich zwei Türen und ein durchsichtiges Plastikdach hatte, durch das man Himmel und Bäume sehen konnte. Es war wohl früher eine Töpferei und nun beherbergt es verschwitzte Hiker. Einziger Nachteil an dem Dach war, dass in regelmäßigen Abständen die Eicheln darauf knallten und alle zuckten, denn das war ein ziemliches Getöse. Außerdem gab es einen Caretaker, der nebenan wohnte, und der uns erstmal beglückwünschte, dass wir es bis zum Shelter geschafft hätten. Wir waren wegen unserer Füße immer noch frustriert, dass wir nicht so recht voran kamen (bei mir hatte sich inzwischen beidseits die Plantarfaszie bemerkbar gemacht und drückte fies unter meinen Füßen), aber er versprach uns, dass es besser werden würde und wir den heftigsten Teil geschafft hätten...

An diesem Shelter gab es noch eine Besonderheit, es war nämlich möglich, sich eine Pizza zum naheliegenden Parkplatz liefern zu lassen. Das taten wir prompt, nachdem ich mich kurz unter der kalten Außendusche erfrischt hatte. Pizza im Shelter ist besonders und wir genossen die warme Mahlzeit sehr. Später kam noch ein Australier ins Shelter, der, wie wir, gen Süden wanderte. Der Abend wurde mit einer heftigen Geschichte gekrönt, denn der Caretaker berichtete von seinem Raubüberfall, den er vor Jahren miterleben musste. Erschreckener Abschluss eines anstrengenden Tages. Wir schliefen unruhig, ob das an den Mäusen, den Insekten, dem schnarchenden Australier oder der Horrorstory lag... keine Ahnung.

Leider waren unsere Füße am nächsten Tag immer noch schmerzhaft und wir versuchten es weiter mit Fußkühlung (2Tall) und Kinesiotape. Leider hält das Tape unter der Fußsohle nur bedingt, wenn man bei ca. 28°C wandert und Akrobatik auf den Felsen macht. Ich war etwas genervt, immerhin wurden die Abschnitte fast ohne Felsen länger und die Füße hatten auch mal die Möglichkeit "durchzuatmen". Es war Wochenende und deswegen trafen wir mal wieder eine Schulklasse, die grölend und mit lauter Musik durch den Wald latschte. Etwas absurd und wir hofften, dass das erstmal die letzte Klasse auf dem Trail sein würde. Tatsächlich bekamen wir später eine Nachricht vom Australier durch einen Tageswanderer mitgeteilt, dass am nächsten Shelter auch eine Schulklasse nächtigen würde... Ok, dann wollten wir da wohl nicht hin. Wir kühlten und machten ein Päuschen an einem Fluss und wollten unterwegs entscheiden, wo wir das Zelt aufstellen würden. Wir schafften es bis in die Nähe des Rausch Gap und nächtigten fast direkt am Stony Creek. Anfang des 19.Jahrhunderts gab es im Rausch Gap eine Siedlung, die sich allerdings nicht halten konnte. Das Schild zum alten Friedhof entdeckten wir am nächsten Morgen. Wie gut, dass ich das am Abend nach 14 Meilen nicht mehr so wahrgenommen habe. Wir waren von dem Tag ganz schön k.o. und schliefen sehr früh ein. Leider wird es im dunklen, dichten Wald noch früher dunkel. Das ist echt schade, denn wir können nicht länger als bis 17.30 Uhr laufen, sonst sind die Camp-Aufgaben von Zelt aufbauen, Bett bauen, Wasser holen und behandeln, Kochen und Bärenleine werfen fast nicht mehr bei Tageslicht zu schaffen. Wir schliefen gut und konnten uns zunehmend besser so ganz allein im Wald entspannen.

2Tall hat zwar des nachts komische Geräusche gehört, die er aber nicht deuten konnte. Bei strahlendem Sonnenschein ging es am nächsten Tag wieder los und die ersten anderen Zelte waren nicht weit. Am Wochenende trafen wir schon häufiger Wanderer, die sich wie wir eine Auszeit im Wald gönnten. An diesem Sonntag sollte in Deutschland gewählt werden und ausgerechnet hier gab es kaum Empfang, um mal Infos abzurufen. Aber an einer etwas erhabeneren Stelle gabs es endlich die gewünschten drei Striche am Handy und wir waren entsetzt über den Wahlausgang. Oh mann... wir hofften, unseren Kumpel Kai noch an die Strippe zu bekommen, aber leider telefonierten wir nur mit der Mailbox und fragten erstaunt, was denn dort in good old Germany los wäre. Es gab keine Antwort und wir hingen auf dem Weg schwitzend unseren Gedanken dazu nach. Wir wollten es bis zu einer Campsite schaffen, die zwar relativ nah an einer Straße war, aber auch eine Quelle hatte, wo wir unsere Flaschen wieder auffüllen konnten. Wir hatten einen Wunschgedanken, dass an dieser Straße doch mal wieder Trailmagic stehen könnte. Leider blieb es ein Wunsch, denn die Thru-Hiker sind eigentlich fast alle durch und die Saison ist zu Ende. Die Northbounder sind schon lange weg, ab und zu treffen wir noch Southbounder, die aber nur an uns vorbei zischen, weil sie so schnell sind. Wir sind auf unsere 12-15 Meilen ja schon mächtig stolz, aber die legen teilweise über 20 Meilen täglich zurück (nur nochmal zur Erinnerung: 10 Meilen sind 16 Kilometer).

Am nächsten Morgen erst sahen wir ein anderes Zelt etwas weiter weg. Da kam dann doch noch ein Southbounder früh ins Camp. Wir unterhielten uns noch kurz, dann beluden wir unsere schweren Rucksäcke und kraxelten den Berg hoch. Einen Anstieg mit 4,5 bzw. 3,5 l Wasser im Rucksack ist harte Arbeit und wir schwitzten mächtig. Das Schwitzen war aber an diesem Tag auch besonders, selbst ich musste kaum pieseln und wer mich kennt, weiß eigentlich, dass ich eine hochfrequentierte Pinklerin bin. Es war so heiß, es ging kein Wind, dafür gabs aber diverse fiese Fliegen, die in unsere Ohren wollten. Ein Traumtag auf dem Trail... wir stoppten am Shelter für eine Pause und trafen den Thru-Hiker und eine Dame mit ihrem Hund. Wir brauchten glücklicherweise die 300 Felsstufen nicht runter zur Quelle zu gehen, denn es war auch nicht klar, ob es dort überhaupt Wasser geben würde. Es gab Wasser, aber die Leute waren fertig vom Klettern, da hatte sich unser Wasserschleppen denn nun doch gelohnt. Da wir von einigen Leute gehört hatten, dass der Abstieg nach Duncannon steil und felsig sein sollte, war unser eigentlicher Plan am Shelter kurz vor dem Ort zu übernachten. Aber mein Wunsch nach einer Dusche, einem richtigen Bett und Essen war so groß, dass wir am Shelter noch kurzerhand im Hotel anriefen und ein Zimmer reservierten. Der Abstieg war dann etwas einfacher als erwartet und nach 15 Meilen kamen wir salzig untem am Fluss an, wo uns das Hotel mit einem Shuttle abholte. Ein kurzer Stop am Subway, eine ausgiebige Dusche, Wäsche gewaschen... dann waren wir fertig für den Tag und auch ziemlich müde.

Fazit: Trailmagic kann mann sich zwar wünschen, aber leider nicht herbei zaubern.

(Good Grip, 28.9.2017)

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