AT: Von Waynesboro, PA nach Front Royal
Appalachian Trail
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Wir hatten unser Shuttle auf 8.15 Uhr bestellt, und wer war nicht pünktlich? Trotz eines schnell herunter geschlungenen Frühstücks, musste der Fahrer noch ein wenig auf uns warten, weil wir uns etwas vertrödelt hatten. Er nahm es mit Humor und brachte uns zum Trailhead, wo es direkt zur Grenzüberschreitung kam. Da waren wir nun in Maryland und hatten im nahegelegenen Park eine grandiose Aussicht auf die Landschaft. Mit der Sonne im Rücken sah es wunderbar aus und gestärkt durch den Townstop waren wir frohen Mutes. Aber durch heftige Felsen und steile Aufstiege wurden wir mal wieder ziemlich ausgebremst. Wir waren doch jetzt nicht mehr in PA, die Felsen sollten doch nun endlich mal aufhören. Nun, denn, die Prophezeihungen von irgendwelchen Menschen sollten wir besser nicht zu ernst nehmen, denn jeder berichtete ja nur von seiner ganz persönlichen Meinung und seinem Empfinden. Wir quälten uns also weiter durch die Landschaft und trafen einen Ridgerunner, der uns ausführlich über die Wassersituation berichtete, denn durch die Trockenheit in den letzten Wochen, waren einige Quellen versiegt. So ein Ridgerunner guckt auf dem Trail nach dem Rechten, informiert Wanderer und Spaziergänger und redet müden Sectionhikern, wie wir es waren, gut zu. Danke dafür. Am nächsten Shelter machten wir unsere Mittagspause und sahen nach langer Zeit mal wieder Kabel, um seine Futtertüten vor Bären zu schützen. Die Bärenstangen wirkten auf uns gar nicht so sicher und es gibt sogar Geschichten, dass die Bären ihre Jungen hochheben, damit die Kleinen die Beutel der Wanderer von den Stangen klauen. Die Kabel werden zwischen zwei Bäumen gespannt und sind deutlich höher, was uns irgendwie besser erschien. Nach 15 Meilen beendeten wir den Tag an der Pogo-Campsite, die zwar viele Plätze zum Zelten hatte, die aber vorwiegend am Hang lagen und daher abschüssig waren. Die Nacht war deswegen nur halb so erholsam, weil ich permanent zu 2Talls Seite rollte und die ganze Nacht das Gefühl hatte, mich gegen die Schwerkraft stemmen zu müssen. In der Nacht wirkte aber nicht nur die Schwerkraft, auch 2Talls Isomatte delaminierte und trug nicht unbedingt positiv zur Schlafhygiene bei. Was ein Pech, irgendwie war unsere Ausrüstung hier ganz schön auf dem Prüfstand. Zum Glück war Harpers Ferry und ein Outfitter nicht weit entfernt.

Aber 2 Tage hatten wir noch zu laufen. Als wir morgens auf dem Trail tief in Gedanken so vor uns hinwanderten, entdeckte ich eine einsame Kreditkarte auf dem Weg. Sehr komisch. Wir riefen die Notfallnummer auf der Karte an und erfuhren, dass sie schon gesperrt wurde. Nachdem ich am Vortag schon eine Mütze von einem Sectionhiker gefunden hatte, über die er sich natürlich sehr gefreut hatte, dass er sie wieder bekam, fand ich an der Campsite zwei relativ gute Wanderstöcke, die nahmen wir aber nicht mit und nun noch die Kreditkarte. Ich hatte irgendwie einen "Lauf" und war schon gespannt auf die nächsten Schätze.

Bis zum George Washington Monument transpirierten wir wieder mächtig, denn die Temperaturen waren ungewöhnlich hoch für diese Jahreszeit. Der Ausblick vom Monument war schick, aber nur im Schatten auszuhalten. Wie gut, dass noch relativ viele Blätter an den Bäumen waren, die uns auch etwas Schatten boten. Wir wanderten so dahin, bis uns eine Hundebesitzerin eindringlich vor Copperheads warnte. Sie schien schon bedrohliche Erfahrungen gemacht zu haben, denn die große Spraydose, die sie mit dabei hatte, war wohl offensichtlich etwas, um sich vor den Viechern zu schützen. Nach 16 Meilen kamen wir an einem Shelter an, wo 2 Spaziergänger saßen und uns erstmal über den Trail ausfragten. Das Interesse war echt, aber uns gingen die Fragen natürlich auch irgendwann, vor allen Dingen nach so einem langen Tag, etwas auf den Senkel. Denn es wurden immer die gleichen Fragen gestellt: Ob wir den ganzen Trail gehen würden? Wie lange wir schon unterwegs wären, warum wir denn aus Deutschland hierher zum Wandern kämen? Ob es bei uns denn keine Wanderwegs gäbe..? Und natürlich haben fast alle irgendwie eine Verbindung nach Deutschland und können entweder "Sch.." sagen oder "Guten Tag" Nach den Spaziergängern kamen dann noch zwei Damen, die für 10 Tage auf dem Trail wandern wollten. Ihre Ausrüstung war vom Feinsten und alles war brandneu. Wir konnten ihnen noch ein paar hilfreiche Tipps geben, was sie in ihre Bärentüte tun sollten, denn ihre Feuchttücher hätten sie sonst wohl nicht aufgehängt. Leider benutzen übrigens hier fast alle irgendwelche Feuchttücher, um sich am Abend etwas frisch zu machen, dooferweise nehmen viele die aber dann auch nicht mit, sondern schmeißen sie einfach hinter den Baum. Ich finde, dass der Trail ganz schön vermüllt ist und besonders Zeltplätze, die von Wochenendhikern oder Schulklassen benutzt werden, sehen schlimm aus.

Am nächsten Morgen mussten wir einiges bergab gehen, denn Harpers Ferry lag in einem tiefen Tal, wo auch der Shenandoah und der Potomac River fließt. Uns kamen einige Wanderer entgegen und eine Frau sprach uns an, weil sie dachte, dass wir auch Thru-Hiker wären. Sie ist 2014 mit ihrer Tochter den AT gelaufen und hat Numbtoes getauft, den wir auf unserem Teil damals auch kennengelernt haben. Die Welt auf dem AT ist manchmal so klein. Wir redeten eine ganze Zeit mit ihr und tauschten Trailgeschichten aus. Kurz bevor wir dann am Fluss im Tal ankamen, stand dann doch noch jemand mit Trailmagic am Wegesrand und reichte uns kühle Getränke. Der junge Mann hatte in diesem Jahr seinen Thru-Hike beendet und konnte oder wollte sich noch nicht so recht vom Trail lösen.

Verständlich nach so einer langen Zeit. Wir mussten leider noch eine lange, platte Strecke am Fluss bis nach Harpers Ferry gehen, was uns unsere Füße echt übel nahmen. Der Weg war nämlich eigentlich ein Fahrradweg, der Towpath, auf dem man bis nach Washington DC radeln kann. Wir mussten häufig ausweichen und Platz machen, für diverse Fahrradgruppen oder einzelne Radler, die hier unterwegs waren. Leider verpassten wir irgendwo die Grenzüberschreitung auf der Brücke über den Potomac River von Maryland nach West Virginia. Schade. Aber es waren auch mal wieder eine Menge Touristen unterwegs, durch die wir uns durchschlängeln mussten. Der Ort ist voll von Touri-Fallen und wir waren froh, als wir nach dem Isomatten-Kauf zum ATC gehen konnten, um unsere Bilder machen zu lassen. Nun wurden wir also ganz offiziell in den Büchern mit 2Tall und Good Grip geführt. Ein bißchen stolz waren wir darauf schon. Wir blätterten ein wenig in den Büchern und sahen W, Will Call, aber leider keinen Shep mit Olly, schade. Um 15.30 Uhr fielen wir ins Hotel ein und duschten uns und unsere Klamotten ausgiebig, die nach den heftigen Tagen doch einen gewissen Wandererduft angenommen hatten.

Am nächsten Morgen fielen 3 Regentropfen, dann wurde es wieder warm und wer einmal ins Gap reinging, musste natürlich auch wieder raus. Den Anstieg meisterten wir aber ganz gut und wir kamen bis zur ersten Pause an einem wunderschönen Shelter gut voran. Dort gab es mal wieder eine Schaukelbank und einen überdachten Platz zum Kochen, was bei Regenwetter einfach grandios ist. Wir wanderten aber bald weiter und kreuzten viele Straßen. Wir trafen auf Spaziergänger, die tatsächlich eine fette Waffe am Gürtel trugen. Ich konnte es kaum glauben und besonders nach dem Attentat in Las Vegas beruhigte uns eine Waffe überhaupt gar nicht. Wir waren geschockt und erleichtert, als wir in die entgegengesetzte Richtung weiterziehen konnten. Am Ende des Tages hatten wir wieder 15,7 Meilen gemacht und waren reichlich müde, als wir an unserer Campsite gekocht und die Bärenleine hochgezogen hatten. Im Wald hörten wir dann komische Geräusche und als wir die dröhnenden Quads in der Nähe erblickten, fiel uns so gar nichts mehr dazu ein.

Der Tag sollte nochmal richtig heftig auf dem Trail werden. Im ATC wurden wir ja schon vor dem Roller Coaster gewarnt, aber bei ungeheurer Luftfeuchtigkeit und heißen Temperaturen brachte uns dieser Teil des ATs nochmal richtig an unsere Grenzen. Es ging permanent auf und ab und die Spitzen nahmen einfach kein Ende. Dazu kamen Massen an Tageswanderern mit Kindern und Hunden, die an diesem langen Wochenende (wegen Columbus Day) den Wald und den Roller Coaster erleben wollten. Wir waren etwas genervt, weil wir ja auch permanent anhalten und Platz machen mussten. Es war einfach unheimlich voll im Wald und wir hofften, dass es Abends am Shelter nicht auch so sein würde... war es aber leider. Die Hütte war schon fast voll und die Herren brauchten eine Extraaufforderung, um uns noch ein wenig Platz zu machen. Es war unfassbar, wie die Meute sich verhielt und ich war innerhalb kürzester Zeit super genervt. Ich weiß, es gibt auch komische Thru-Hiker, aber ein Platzproblem hätte es mit ihnen nicht gegeben. Wir bekamen, netterweise, noch ein Eckchen und durften die Nacht im warmen Shelter verbringen, denn es kühlte nicht ab und die Luftfeuchtigkeit war enorm. Die Männer hatten sich am Abend natürlich mit diversen Fläschchen und Pfeifchen noch das Wochenende versüßt und kamen entsprechend spät erst ins Shelter. Da wurde dann nochmal alles gegeben, 2Tall wurde auf die Füße gestiegen, es wurde rumgegrölt und rumgefurzt... wir waren bedient, aber sowas von.

In der Nacht fing es, wie vorhergesagt, an zu schütten und leider hörte es am Morgen auch nicht auf. Dazu kam bei mir eine überlastete Fußsohle, die uns am nächsten Gap stoppen ließ. Zum Glück gab es im Guidebook eine Nummer von einem Menschen, der Shuttles anbot, eine große Straße und Empfang mit 2 Talls Telefon. Nach nur 45 Minuten kam Mike und brachte uns nach Front Royal, wo wir uns in einem Hotel pflegen konnten und uns wieder durchtrocknen konnten.

Ich glaube, die letzten Tage waren mal wieder etwas zuviel und wie immer war der Trail härter und anstrengender als gedacht.

Happy feet und happy trails, hopefully.

(Good Grip, 9.10.2017)

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