Radwanderung: Von Kiel zurück an die Weser
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Wir haben in Kiel unterm Dach und nah am Wald gut geschlafen und radeln heute weiter in Richtung Preetz. Dort wollen wir nochmal einen Corona Test machen lassen und hoffen, dass das alles klappt. Es regnet mal wieder und trotzdem erleben wir es hier als sehr idyllisch, denn auf vielen Weiden entdecken wir Fohlen, die sich mit Mama oder den anderen Halbwüchsigen vergnügen. Es ist ein schöner Anblick, da kanns auch auf mich runter prasseln, die Pferdchen heben meine Stimmung enorm.

Das Testen geht in der Turnhalle diesmal sehr flott und ist bestens organisiert. Wir erhalten unsere Testergebnisse und radeln noch ein Stück durch Wälder und flache Gegenden, bevor wir erneut über unsere Stimmungen sprechen und ich leider komplett in aggressiven Diskussionsmodus verfalle. Auch der wird mir aber irgendwann zu viel, und ich habe das große Bedürfnis, nach Hause zu fahren. Ich möchte fliehen, weg von allem und gehe mit meinem Rad einfach los. Nicht, dass ich wüßte wohin, aber etwas Distanz zwischen mir und 2Tall und ein friedliches Reh auf der Wiese nebendran helfen mir, wieder runter zu kommen.

Ziemlich durchgefroren, kaputt und recht spät erreichen wir das große Hotel in Plön. Es sind einige andere Gäste da, und es gibt sogar ein Restaurant, aber wir gehen nicht mehr raus, sondern bleiben im Zimmerchen, denn mithilfe des Wasserkochers und unserer Vorräte können wir auf dem Zimmer unser Abendessen gestalten. Wir sind da inzwischen wirklich genügsam und empfinden es eher als anstrengend, uns nochmal aufzurappeln, um irgendwo essen zu gehen. Und nach dem heutigen Tag sowieso.

Das Zimmer ist erstaunlich warm und irgendwie habe ich mich während der Nacht nicht gut erholt. Wir starten zwar trocken, und auch der Blick über den See zum Schloss ist schick, aber ich habe das Gefühl, ich komme nicht vom Fleck. Das könnte natürlich auch am Wind liegen, der uns mal wieder frisch entgegen pustet oder an den Regenschauern, die auf uns runter prasseln, aber im Zweifelsfall liegt es wohl daran, dass ich nicht genug Wasser getrunken habe...

Nächster Halt Bad Oldesloe, die vegetarische türkische Pizza in der Fußgängerzone füllt unsere Akkus wieder auf, und wir schwelgen in dieser Köstlichkeit. Wie gesagt, wir sind genügsam geworden.

Der nächste Regenschauer lässt aber mal wieder nicht lange auf sich warten und wir versuchen, uns irgendwie unterzustellen, aber die Warterei macht uns auch nicht fröhlicher, und so schieben wir los. Wir haben noch ein paar Kilometer vor uns, die wir auf einem etwas aufgeweichten Bahnradweg verbringen. Die Fahrräder können jetzt auch nicht mehr schlimmer aussehen, der Matsch der letzten Tage hat ganze Arbeit geleistet.

Wir radeln bis nach Sandesneben, wo wir wieder eine etwas persönlichere Airbnb Unterkunft haben. Bevor wir dort aufschlagen, kaufen wir noch den örtlichen Supermarkt leer und kommen nass, dreckig und müde bei einer Lehrerin mit drei irischen Terriern an.

Das ist eine schöne Unterkunft, denn wir haben die Dachetage für uns, und können dort herrlich ruhig schlafen. Die Hunde sagen keinen Mucks und passen gut auf uns auf. Um 9 Uhr macht sich die Hausherrin auf den Weg zur Schule, wir verlassen etwas später das Domizil und die Hunde hören wir gar nicht mehr, erstaunlich. Es gibt sie wohl doch, die gut erzogenen Hunde.

Auf dem Radweg tummeln sich so viele Schnecken und trotz Slalom kracht es einige Mal hörbar. Wir steuern wieder den Bahnradweg an, der natürlich immer noch aufgeweicht ist, aber trotzdem sehr idyllisch liegt. Bei der nächsten Spaziergängerin mit Hund wirds alles andere als idyllisch, denn der Hund nutzt die Gunst der Stunde und macht ein kleines "Wettrennen" mit uns. Aus welchen Gründen auch immer, ist er nämlich nicht an der Leine und jagt uns und knurrt und bellt, trotz der Rufe der Besitzerin. Wir sind ziemlich geschockt, treten in die Pedale und als wir wieder zu Luft kommen, fluchen wir noch lauthals in Richtung der Frau. Wir sind ziemlich sauer über sie, aber gleichzeitig sehr erleichtert, dass der Hund uns nicht vom Rad geholt hat, es lag sicher nicht an unserer hohen Geschwindigkeit, der Hund wollte vermutlich "nur spielen"... Es ist gerade Brut- und Setzzeit und überhaupt nervt es uns furchtbar, dass die Leute ihre Vierbeiner nicht im Griff haben, sondern dass es sich meistens andersherum verhält.

Wir radeln noch bis Geesthacht, wo wir ein kleines Zimmer in einem Mehrfamilienhaus angemietet haben. Den Schlüssel gibt es im Safe und die vielen Hamburg Accessoires deuten darauf hin, dass Geesthacht doch eher ein Vorort von Hamburg ist. Ach so, das AKW Krümmel wäre vielleicht noch zu erwähnen, macht den Ort aber jetzt auch nicht unbedingt attraktiver. Fürs Abendessen schlendern wir in die City und probieren eine weitere Köstlichkeit aus dem nächstgelegenen türkischen Imbiss. 2Tall isst seit langem mal wieder einen Döner, bereut es später allerdings.

Es ist gut zu wissen, dass wir den Ort am nächsten Tag wieder verlassen dürfen. So glamourös wars dann doch nicht in Geesthacht. Bis zur Elbbrücke gehts an Swingerclubs und Autolackierstudios vorbei, ist das schon ein Hauch von Hamburgs Großstadtflair, den wir hier spüren?

Wir radeln durch den Wald und leider ist die Streckenführung heute eher ungünstig, denn die vielen Pferde haben die Sandwege so bearbeitet, dass es für unsere Drahtesel echt schwierig ist. Ich bin ko und mag nicht mehr, ich will Asphalt, Rückenwind und Sonne. Bekommen wir an diesem Tag alles nicht mehr, aber die Gegend der Lüneburger Heide ist schon schick, und auch die grauen Wolken sehen über der Heidelandschaft toll aus. Aber es ist schwer heute, "den Genuss zu genießen".

Wir fahren bis Schneverdingen, wo wir in einem schönen Boardinghouse übernachten. Wir können dort etwas kochen, auch hier ist ein Lidl fußläufig erreichbar.

Unsere vorletzte Etappe von Schneverdingen nach Ueserdicken, zu unseren Freunden, ist leider wieder sehr frisch und wir frieren trotz all unserer Klamotten am Leibe. Ein Stop an der idyllischen Ahauser Mühle, noch ein Stop am Hofladen für Erdbeeren und Marmelade, dann gehts Richtung Posthausen. Die Wege sind gut geschottert, nicht unser Lieblingsbelag, aber immerhin werden wir wieder warm. Wir werden mit Waffeln und Pizza versorgt und freuen uns über einen wunderbaren Abend.

Und dann, finally, am letzten Tag wirds sogar noch warm. Die Sonne hat plötzlich Kraft und wir könnten fast in kurzen Hosen fahren. Himmel und Menschen, Reiter, Skater und in die Luft boxende Jogger mit freiem Oberkörper sind unterwegs, und deswegen entscheiden wir uns für die Nordseite des Wümmedeichs. Die Straße ist nicht super, aber es ist doch etwas leerer und wir können meistens auch nebeneinander fahren.

Ab Ritterhude geht es über Stendorf, wo wir noch Kollegen von 2Tall treffen, nach Schwanewede. Wir sind wieder zu Hause, nach insgesamt fast 1200km und einigen Litern Regen. Die Räder haben den Flair der weiten Matschwelt eingefangen und ich freue mich auf den ersten Zeroday nach 19 Tagen.

(Good Grip, 3.6.2021)

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